SchwäPo 28.02.2013

Sprecher der Kleeblatt-Fördervereine sehen „Modell Rosenstein“ für wohnortnahe Pflege in Gefahr

Bindungen kein Tauschpfand
Anita Braun, Inge Opferkuch, Brigitte Meck, Dr. Peter Högerle und Professor Günter Titze machen sich für das „Modell Rosenstein“ stark.
<br>Zum vergrößern - Bild anklicken! Anita Braun, Inge Opferkuch, Brigitte Meck, Dr. Peter Högerle und Professor Günter Titze machen sich für das „Modell Rosenstein“ stark.
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Fördervereine in Böbingen, Mögglingen und Essingen sorgen sich, dass die Stadt Heubach das Pflegewohnhaus Kielwein verkauft. Dadurch sehen sie das gesamte sogenannte „Modell Rosenstein“ zur wohnortnahen Betreuung pflegebedürftiger Menschen gefährdet.

Böbingen.

Vorgeschichte: In den 90er-Jahren haben sich Heubach, Böbingen und Mögglingen zusammen getan, um gemeinsam eine wohnortnahe Betreuung und Versorgung Pflegebedürftiger auf die Beine zu stellen. Kleeblatt nannte man das. Daraus entwickelte sich das viel beachtete „Modell Rosenstein“. Später kam Essingen dazu, das Kleeblatt wurde vierblättrig. Davor galten Pflegehäuser mit weniger als 50 Pflegeplätzen als nicht wirtschaftlich. Das neue Konzept machte dies für Böbingen, Mögglingen und Essingen möglich. Vier Häuser werden von Heubach aus gesteuert und verwaltet, dort ist auch die Wäscherei und die Küche für alle zusammen. Die Johanniter Seniorenhäuser GmbH betreibt alle vier Einrichtungen, Fördervereine sind ehrenamtlich eingebunden. Dr. Peter Högerle vom Böbinger Elisabethenverein sieht das Heubacher Haus Kielwein in einer „zentralen Funktion“ und spricht von einer „großen Gefahr“, dass eine Einheit aus Böbingen, Mögglingen und Essingen aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht weitergeführt werden kann, sollte sich der Heubacher Gemeinderat dazu entschließen, das Haus an einen anderen Träger als die Johanniter zu verkaufen.
Dass den Johannitern gekündigt worden ist – noch zu Zeiten Klaus Maiers als Heubacher Bürgermeister – bestätigt sein Nachfolger Frederick Brütting. Der Gemeinderat habe beschlossen, den Pachtvertrag mit den Johannitern neu zu verhandeln und parallel dazu Gespräche mit möglichen Käufern des Gebäudes zu führen, wobei in jedem Fall an erster Stelle immer die Pflegequalität stehen müsse, wie Brütting dieser Zeitung sagte.
Die Fördervereine erklären, es gebe ein „großes Interesse von anderen Trägern“, das Kielweinhaus zu kaufen. Dies könne das Modell Rosenstein ernsthaft gefährden oder, wenn die Zusammenarbeit der Kommunen mit einem neuen Betriebsträger weitergeführt werde, zumindest aber zu Beginn zu großen Reibungsverlusten führen, wie Professor Günter Titze als Vertreter der Gemeinde Böbingen sagte. Er habe vom Gemeinderat den Auftrag, sich klar für die Fortführung des Kleeblattes auszusprechen – und dies mit den Johannitern als Betriebsträgern, mit denen man seit 15 Jahren „sehr zufrieden“ sei. Er warnte davor, die bewährte Struktur aufzugeben. Auch Inge Opferkuch und Anita Braun vom Mögglinger Förderverein „Miteinander leben“ appellierten an die Stadt Heubach, entweder den Pachtvertrag mit den Johannitern zu erneuern oder das Haus an die Johanniter zu verkaufen, selbst wenn diese nicht das höchste Gebot im Spiel hätten. Ähnlich äußerte sich Brigitte Meck vom Essinger Förderverein Seniorenbetreuung: „Es ist etwas gewachsen“, die Fördervereine könnten sehr gut mit den Johannitern zusammenarbeiten und sich einbringen.
Högerle sprach zudem über „soziale Bindungen“, die aufgebaut worden seien, die Lebensqualität und auch Lebenserwartung beeinflussten. Diese ließen sich nicht „nach Beliebigkeit austauschen“ und eigneten sich nicht als „Tauschpfand für finanzielle Transaktionen“. Zudem sei die Mischung aus zuverlässigen ehrenamtlichen Mitarbeitern und professionellen Anbietern „das Modell der Zukunft“. Högerle: „Wir sind mit diesem Modell auf dem richtigen Weg.“ Moderne Versorgungsstrukturen seien nur in einem Netzwerk möglich. Der Vorstoß der Fördervereine zum jetzigen Zeitpunkt richte sich nicht gegen die Stadt Heubach. Aber man sehe eine Gefährdung des Rosenstein-Modells. Dem wolle man mit Argumenten begegnen. Und eine Diskussion in die Wege leiten. Denn die Frist für die Abgabe der Kaufsangebote laufe diese Woche ab. Und dann entscheide der Heubacher Gemeinderat.

© Schwäbische Post 28.02.2013